Startseite / Agenda / Ansprache Seiner Majestät des Königs der Belgier anlässlich des Staatsbesuches  Seiner Exzellenz Marcelo Rebelo de Sousa, Präsident der Portugiesischen Republik, Schloss Laeken, 17. Oktober 2023 

Ansprache Seiner Majestät des Königs der Belgier anlässlich des Staatsbesuches  Seiner Exzellenz Marcelo Rebelo de Sousa, Präsident der Portugiesischen Republik, Schloss Laeken, 17. Oktober 2023 

17 Oktober 2023

Sehr geehrter Herr Präsident,

Gestern wurde unsere Hauptstadt erneut von einem Terroranschlag heimgesucht, genau am Tage Ihrer Ankunft. Unsere Gedanken sind bei den Familien der feige angegriffenen Opfer, die friedlich zu einer sportlichen Veranstaltung zwischen zwei befreundeten Ländern unterwegs waren.

 

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben und den Opfern in einer Schweigeminute zu gedenken.

 

Wir sind heute Abend in dem Willen zusammengekommen, um unsere Einigkeit in Bezug auf unsere demokratischen Werte zu zeigen, die wir auch weiterhin verteidigen werden. Unsere beiden Nationen, die ihr Schicksal in der Europäischen Union besiegelt haben, kennen beide durch ihre Geschichte, die Bedeutung des Wortes "Demokratie". Ihr Staatsbesuch drückt unseren Wunsch aus, die Bande rund um unseren Glauben an die Zukunft zu stärken. In diesem Sinne begrüßen die Königin und ich Ihre Anwesenheit bei uns.

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

Wir treffen uns fünf Jahre nach unserem unvergesslichen Staatsbesuch in Portugal wieder. Ein Land, das einzigartig in seinem kulturellen Reichtum, groß in seinen Entdeckungen, besorgt um die Zukunft unserer Erde und unserer Ozeane ist und dessen Volk auf der ganzen Welt wegen seiner vielen guten Eigenschaften geschätzt wird, darunter auch, dass es gerne mehrere Sprachen spricht.

Vor sechshundert Jahren residierten unsere Vorfahren Isabella von Portugal und Philipp der Gute im Palast von Coudenberg. Ebenfalls an diesem Ort, im Königlichen Palast, haben wir heute Mittag über verschiedene globale Herausforderungen und mögliche Antworten darauf gesprochen. Zuallererst haben wir mit Bestürzung und großer Besorgnis über die tragischen Entwicklungen im Nahen Osten gesprochen, die mit unzähligen unschuldigen Opfern einhergehen. Anschließend über die Fortsetzung unserer Bemühungen zur Unterstützung des ukrainischen Volkes. Aber auch über die Opfer von Konflikten in anderen Teilen der Welt, die oft vergessen werden. Ich begrüße auch unseren gemeinsamen Kampf gegen die globale Erwärmung. Die Waldbrände in der Serra de Estrela und die Überschwemmungen in Belgien haben gezeigt, dass von nun an kein Land den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels mehr entgehen kann. Unser Ziel bleibt ein kohlenstoffneutrales Europa bis 2050. Wir haben auch an die Bedeutung des Schutzes der biologischen Vielfalt und insbesondere unserer Ozeane erinnert. Schließlich sollte noch unser Engagement für Entwicklungsländer unterstrichen werden, von denen mehrere enge Beziehungen zu Portugal und Belgien pflegen. Wie Sie in New York zu Recht sagten, erwarten die Menschen in diesen Ländern von uns keine Versprechungen, sondern vielmehr Taten, um allen ein Leben in Würde und Wohlstand zu ermöglichen.

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

Unser Engagement für die Entwicklungsländer, sei es in Lateinamerika oder Afrika, verdient es, hervorgehoben zu werden. Viele dieser Länder befinden sich in der Zwickmühle zwischen der Gier der einen und der Gleichgültigkeit der anderen. Wir bieten ihnen ein anderes Modell des Austauschs an: jenes des Zuhörens und der Suche nach Partnerschaften. Die Herausforderungen, vor denen sie stehen, vor denen wir stehen, sind universell. Wer könnte die Bestrebungen dieser Länder besser verstehen als die Portugiesen. Sie, die als erste Europäer ihren Fuß auf indisches, afrikanisches und amerikanisches Land setzten. Sie, die im Laufe der Jahrhunderte und bis zum heutigen Tag so viele Impulse für die Interaktionen zwischen den Kontinenten gegeben haben.

Ihr morgiger Besuch in Brügge wird Ihnen die Möglichkeit geben, in unsere gemeinsame Geschichte zurückzukehren und diese Interaktionen neu zu entdecken. Isabella von Portugal und Philipp der Gute schickten Familien aus unseren Regionen auf die Azoren. Die Namen und Merkmale ihrer Nachkommen veranschaulichen bis heute die harmonische Integration zwischen unseren Völkern. Diese Mischung ist der Grundstein der portugiesischsprachigen Seele. Und wir denken an alle Portugiesen, die in Symbiose mit den Kulturen, denen sie begegnen, gelebt haben und leben. Auch wenn die wundervolle Saudade auch die im Fado so schön besungene Wunde ausdrückt, dass sie ihr Heimatland verlassen und einen geliebten Menschen vermissen.

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

Bei Ihren Besuchen in Saint-Gilles und Namur werden Sie auch mit den „Luso-Belgiern“ in Kontakt kommen. Sie werden feststellen, dass wie in Portugal die Ältern zu Recht die Vorliebe für Azulejos und Bacalhau bewahren, während sich die Jungen zu neuen Technologien, zum Ehrgeiz, unseren Planeten zu schützen, und zu einem kosmopolitischen europäischen Raum bekennen, in dem sie geboren sind. Portugiesische Schriftsteller, die in Belgien lebten, bemerkten, dass unser Königreich sich in einem ganz besonderen Licht zeigt. So schrieb der Schriftsteller Almeida Garrett, der erste bevollmächtigte Minister Portugals in Belgien nach unserer Unabhängigkeit, dass „Belgien eine Art Zentrum eines weiten und vielfältigen Kreises der Zivilisation ist, dessen Strahlen alle in Belgien zusammenlaufen“. Als ob seine Worte bereits unser gemeinsames Projekt, die Europäische Union, voraussahen.

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

Sie haben Ihr Land auf dem Weg aus der europäischen Schuldenkrise begleitet. Unter Ihren Amtszeiten hat sich Portugal als Wiege für neue Technologien herauskristallisiert. Die industrielle Manufaktur hat einen neuen Aufschwung erlebt. Portugal ist zum weltweiten Sprecher für den Schutz der Ozeane geworden. Ihre zahlreichen Reisen führen Sie in alle Ecken und Enden der Welt, um dort die Farben Ihres Landes zu verteidigen. Gleichzeitig bleiben Sie ein Mann, der seinen Landsleuten äußerst nahe steht.

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

Portugal und Belgien haben enorme Ressourcen, um die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern. Niemand wird auf sein kleines Stück Land reduziert. Jeder misst sich im Charakter und in der Tat, schrieb der berühmte portugiesische Schriftsteller Miguel Torga, der das Menschsein so gut eingefangen hat. Daher teile ich mit Ihnen die Überzeugung, dass wir gemeinsam für die Zukunft handeln können.

 

Meine Damen und Herren, Ich lade Sie ein, Ihr Glas auf den Präsidenten der Portugiesischen Republik und die tiefe Freundschaft zwischen Portugiesen und Belgiern zu erheben.