Rede Seiner Majestät dem König der Belgier beim Abendessen von Herrn Bodo Ramelow, Ministerpräsident des Freistaats Thüringen, anlässlich des offiziellen Besuchs in Thüringen und Sachsen-Anhalt
Herr Ministerpräsident,
ich danke Ihnen für Ihre freundlichen Worte und die herzliche Begrüßung, die die Königin und ich seit unserer Ankunft in Thüringen heute Morgen erlebt haben.
Es ist für uns beide eine große Freude, hier in Weimar zu sein, nicht zuletzt wegen der vielen Bande, die meine Familie und das Königreich Belgien mit Ihrem Land verbinden. Die Geschichte meiner Familie ist natürlich eng mit der Ihres Landes verknüpft. Das Haus Wettin gelangte um 1442 in den Besitz der Grafschaft Thüringen. Hier in Thüringen bot Kurfürst Friedrich der Weise Luther Schutz und Unterschlupf. Wir haben uns sehr gefreut, unseren offiziellen Besuch in Gotha, im Schloss Friedenstein, zu beginnen, das um 1640 von Herzog Ernst dem Frommen erbaut wurde und seinen Namen als Aufruf zum Frieden erhielt.
Nicht nur die historischen Bindungen zwischen unseren beiden Ländern sind sehr stark. Auf wirtschaftlicher Ebene sind wir ebenfalls eng miteinander verbunden. Politisch arbeiten wir seit Jahrzehnten im wunderbaren europäischen Projekt zusammen. Und auf kultureller Ebene teilen wir die gleiche Sprache. Wir wurden heute auch an das bahnbrechende Wirken des belgischen Architekten und Künstlers Henry van de Velde erinnert, der hier in Weimar im frühen 20. Jahrhundert fruchtbaren Boden für die Entwicklung seines Lebenswerks gefunden hat. Seine bemerkenswerten Leistungen und Ideen gelten als Grundlage der späteren Bauhausbewegung, deren 100. Geburtstag wir in diesem Jahr feiern. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, an die europäische Berufung dieser Künstlergeneration und an die Rolle zu erinnern, die Kunst und Architektur bei der europäischen Einigung gespielt haben und auch weiterhin spielen.
Weimar war die Hauptstadt der deutschen Aufklärung, und so habe ich mich besonders gefreut, vorhin dem Wohnhaus von Goethe einen kurzen Besuch abstatten zu können. Diese Stadt brachte die schönsten Blüten der Europäischen Kultur hervor. Auch in Weimar wurde vor fast genau 100 Jahren die erste deutsche demokratische Verfassung verabschiedet. Die Tatsache dass, nur einen Steinwurf entfernt, so viele Opfer des Naziregimes ihre Menschenwürde und ihr Leben verlieren mussten, erinnert uns daran, dass wir stets wachsam bleiben müssen. Das Gedenken an die Opfer im Lager Buchenwald an diesem Nachmittag hat die Königin und mich tief beeindruckt. Es ist wichtig, diese bittere Seite der Geschichte in konkrete Handlungen zur Stärkung von Demokratie und Menschenrechten für uns und zukünftige Generationen zu übersetzen.
Herr Ministerpräsident,
Die Königin und ich sind sehr dankbar, heute hier im schönen Thüringen und insbesondere in diesem Schloss Belvedere zu Gast sein zu dürfen. Mit diesem Besuch hoffen wir, unsere beiden Länder und Völker noch näher zusammenzubringen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich bitte Sie alle aufzustehen (...). Ich lade Sie ein, Ihr Glas auf die Gesundheit von Ministerpräsident Bodo Ramelow und Frau Germana Alberti vom Hofe zu erheben.